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Rolle der Schulleitung

Schule emanzipiert sich aus der Vormundschaft der Schulverwaltungen und nimmt Entscheidungen zur Organisation, zur Ausgestaltung des Schullebens und vermehrt auch zum Personal in die eigene Hand. Damit einher geht die Neudefinition der Schulleitung.
Schulleitende übernahmen als Primus inter pares bisher administrative Aufgaben zusätzlich zu ihrer eigentlichen Profession als Lehrende. Heute nimmt die reine Leitungstätigkeit den Hauptteil der Arbeit ein. Dazu gehören vielfältigste Aufgaben wie die Formulierung und Umsetzung von pädagogischen Konzepten, die Begleitung und Entwicklung der einzelnen Lehrer*innen, die Etablierung von Team- und Kommunikationsstrukturen, die Entwicklung der gesamten Organisation, die Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnern, die Einbindung der Schule in den kommunalen Kontext, die Gestaltung des Dialogs mit den Eltern und – vielfach beklagt – die Durchführung von Vergleichstests und Inspektionen, die Bereitstellung von statistischen Daten und die Auswertung von unterschiedlichen Evaluationsergebnissen. Hinzu kommen viele Herausforderungen, die sich unangekündigt und zumeist höchst spontan im täglichen Schulalltag ergeben und die an die jeweilige Situation angemessen schnell gelöst werden müssen. Das Lehren nimmt insbesondere in den weiterführenden Schulen nur noch einen geringen Anteil der verfügbaren Kapazitäten ein.

Selbstverständnis

Das Selbstverständnis von Schule verändert sich. Auf eine Kurzform gebracht sind Schulen heute nicht mehr fremdbestimmte und verwaltete Organisationen sondern mehr und mehr selbstbestimmte und gestaltende Organisationen. Ein wichtiger Impuls für diese Veränderungen wurde durch die Ergebnisse der PISA Studien gesetzt. Hier zeigte sich, dass Schulen mit einen hohen Autonomie und Selbstständigkeit in ihren Entscheidungen bessere Leistungen bei den Schüler*innen erzielten als andere. Rolf Dubs schreibt dazu: „Trotz vieler noch ungelöster Fragen bei der Einführung der selbständigen (eigenverantwortlichen, teilautonomen) geleiteten Schule bezüglich der Finanz-, Personal- und Lehrplanautonomie auf der Ebene der Gesetzgebung und der Behördenorganisation gilt es heute als selbstverständlich, dass selbständige Schulen von einem Schulleiter oder einer Schulleiterin mit Entscheidungskompetenzen zu leiten sind. Dieser Paradigmawechsel von einer zentralen zu einer dezentralen Schulführung wird aber von vielen Lehrkräften weiterhin kritisch beurteilt, weil sie immer noch an die Vorzüge einer basisdemokratischen Schule mit einer Schulleitungsperson als Primus inter Pares glauben. Nicht nur sie, sondern auch unerfahrene Schulleitende bekunden mit der Vorstellung eines »Chefs« oder einer »Chefin« immer noch viel Mühe, weil befürchtet wird, es entstünden in der Schule unnötige hierarchische Strukturen und Schulleitende würden sich zu dominierenden Persönlichkeiten entwickeln, wie man sie aus der Wirtschaft kennt.“ (Rolf Dubs:„Leadership – Schule kompetent führen“, PraxisWissen SchulLeitung, 2009)

Kompetenzentwicklung

Die Entwicklung von Kompetenzen, die für die erfolgreiche Bewältigung des neuen  Aufgabenspektrums nötig sind, wird bisher nur durch wenige Unterstützungsangebote ermöglicht. An dieser Stelle setzt das Programm Partners in Leadership an. Hier geht es darum, in der Zusammenarbeit von Führungskräften aus Schule und Wirtschaft wichtige Themen rund um Führung und Management zu erarbeiten. Besonders an Partners in Leadership ist, dass die Partnerschaften ihre Themen und die Art und Weise des Prozesses auf Grundlage ihrer Möglichkeiten, Erfahrungen und Bedürfnisse selbst bestimmen. Dieser selbstbestimmte Ansatz führt dazu, dass die Ergebnisse der Zusammenarbeit besser an die Realität der jeweiligen Organisation anpassbar sind und die zukünftige Leitungstätigkeit positiv beeinflussen können. 
    

„Wie viel Führung brauchen Schulen?“

„Schulleitung gehört zu den vielleicht anspruchsvollsten, ich würde gar sagen „verrücktesten“ Führungsjobs, die es überhaupt gibt. Die Führung einer KMU oder Bank ist ein Kinderspiel dagegen. Man vergegenwärtige sich mal die reizvollen Ingredienzien der Schulleitungssituation:

  • Der Auftrag kommt von außen (Lehrplan), ist völlig überladen und in Teilen widersprüchlich.
  • Der Betrieb ist eine Zwangsanstalt. Die Schule kann sich ihre Kundschaft nicht aussuchen. Sie muss alle mit ihren extrem unterschiedlichen Voraussetzungen und Erwartungen gleichermaßen bedienen.
  • Die Klienten sind nicht freiwillig da und können sich den Betrieb ihrerseits nicht aussuchen.
  • Das Personal (Lehrpersonen) hört im Kerngeschäft nicht auf Chefs, sondern orientiert sich

    • in diffuser Weise ein bisschen am Lehrplan
    • ein bisschen mehr an einer bunten Vielfalt von Lehrmitteln
    • oft stark an extern vorgegebenen Tests, die nicht selten nicht dem Lehrplan entsprechen

  • stark auch an ganz privaten Vorstellungen von Aufgabe und Beruf.
  • Die Geführten (Lehrpersonen) sind in der Regel fachlich gleich gut oder besser qualifiziert wie die Führenden.
  • Es existieren weder gemeinsame fachlichen Konzepte für das Geschäft des Lehrens und Lernens noch eine gemeinsame Fachsprache.
  • Die Geführten üben selbst täglich Führung (in den Klassen) aus und halten sich also selbst für Führungsfachleute.
  • Schließlich herrscht eine ungezügelte multiple Einmischungssituation. In den Schulbetrieb dürfen ständig ein halbes Dutzend Personengruppen hineinreden.


Ich möchte mal einen dieser Führungsgurus, die an Seminaren herumgereicht werden, ein halbes Jahr lang eine Schule überleben sehen.“

(aus: SGVW – Die Wissensplattform im öffentlichen Sektor: „Wie viel Führung brauchen Schulen?“, Interview mit Dr. Anton Strittmatter, 14.3.2011)